Dominique de Nice

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Dominique de Nice

Toreador
7. Generation

Spieler: Kaspi



Hintergrund

Februar, 1230 AD.

Ich bin ein Geächteter unter den Unsterblichen der westlichen Welt. Man verfolgt mich nicht tatkräftig, zumindest hoffe ich das, aber nur wenige wollen noch etwas mit meiner Person zu tun haben. Ich sitze hier in einer Stadt mit unaussprechlichem Namen am Rande Ungarns mit meinem österreichischen Begleiter Gregor und bin der Gnade des hießigen Prinzen (eine recht ansehnliche Toreador, natürlich) ausgeliefert. Ich will die Zeit des Wartens und Pläneschmiedens nutzen, die vergangenen Ereignisse zu rekapitulieren. Vielleicht offenbart sich mir ein bislang entgangenes Detail, dass mir meinen weiteren Weg zu weisen vermag.

Es begann alles vor 14 Jahren mit meiner Studienreise nach Bologna, wo ich an der Universitas Bononiensis die Iuris Prudentia zu studieren gedachte. Ich bin mir nachwievor unschlüssig, ob ich es als Streich oder Fügung des Schicksals sehen soll, dass ich als Zweitgeborener eines niederen Adelshauses aus der Nähe von Nizza das Licht der Welt erblickte. So oder so allerdings ließ mir mein älterer Bruder keine andere Wahl, als mich den schönen Dingen des Lebens zu widmen, an ein Erbe der Ländereien war ja nicht zu denken (und so skrupellos bin ich dann doch nicht... oder war es zumindest damals nicht). Das Geld meiner reichen Eltern, der Zwang eine akademische Bildung zu genießen und mein doch recht passabler Umgang mit Leinwand und Pinsel führten mich als dann nach Italien. Mein heimisches Schwerttraining kam mir bei der Reise das ein oder andere mal zu gute, während in Bologna (und später Padua) mein französischer Titel und mein (auch wenn ich jetzt überheblich klingen mag) unwiderstehlicher Charme für einen leichten Start sorge trug.

Als bald war das Studium nebensächlich, hatte mir doch mein Hauslehrer das meiste davon sowieso schon in frühen Jungendjahren unter den gestrengen Augen meiner Mutter beigebracht. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf die schönen Wesen des Südens für die Ewigkeit festzuhalten. Was für liebreizende Anblicke sich mir boten! Die ganzen wohlhabenden und wohlgeborenen Debütantinnen reicher Adelhäuser hier vor meiner Staffelei wie Gott sie schuf, begierig darauf ihre jugendlichen Leiber mit Inbrunst zur Schau zu stellen. Im Nachhinein betrachtet eine Schande, dass keines meiner Bilder jemals in irgendeiner Gallerie zu bestaunen sein wird. Kaum war die Hitze der Nacht vorflogen, erwiesen sie sich alle als prüde Schnepfen, die vor ihrem Ansehen buckelten. All bis auf eine.

Ich war nie ein sonderlicher Verfechter kirchlicher Weisheiten, aber welcher Mönch auch immer das Weibsbild als Hort der Verderbnis und dämonischen Quell der Lasterhaftigkeit aufgezeigt hatte, er musste dieses Mädchen gekannt haben. Ich will mich hier nicht weiter über ihre übernatürliche Schönheit und abgrundtiefe Verruchtheit auslassen, aber sie war es, die mich letztlich in die Höhle der Schlange führte. Und so verbrachte ich weitere drei Jahre damit dem Rausch, der körperlichen Lust und anderen Sünden zu fröhnen. Nicht jedoch ohne ab und an im Drogenwahn ein Gemälde aus den Tiefen meiner Seele in die nackte Realität zu zerren und solchermaßen schutzlos und unverblühmt auf die Leinwand zu bannen. Und eben jene künstlerischen Ausbrüche zogen schließlich Elviras Aufmerksamkeit auf meine verwahrloste Existenz.

Und die Königin war es auch, die eben jene beendete. Anfänglich erschien sie mir noch als Geschöpf des Himmels und Phantasie meines Rausches, aber dies alles wandelte sich jäh als sie mich mit dem Kuss erweckte. Erst da wurde mir offenbar, dass Elvira von Kastilien nicht zu unrecht auch Königin von Sizilien zu ihrer Lebzeit gewesen war: hinter der makellosen und anziehenden Fassade lag ein nicht minder beeindruckender Ehrgeiz und ausgeprägter Wille, dessen Aufmerksamkeit ich nun genoß. Es war ihr ein Herzensanliegen mich aus den Fängen der Schlange zu befreien, koste es was es wolle. Oh, wie ich sie für jene Qualen hasse!

Ich weiß bis heute nicht wielange ich in dem vergitterten Loch zugebracht habe. Wahnsinnig vor unersättlichem Hunger und gepeinigt von dem Verlangen nach Morpheus' wilden Umarmung und der grünen Fee. Die Marter war so groß, dass ich oft das Bewußtsein verlor, nur um im gleichen Raum mit einer irdischen Schönheit zu meiner Seite aufzuwachen. Und immer konnte ich den süßen Duft der Drogen in dem nicht minder köstlich riechendem Blut der zarten Frauen vernehmen. Doch ich war nicht allein - das neu erwachte Tier in mir roch es auch und schrie sein Verlangen in meine Adern. Es wäre ein leichtes gewesen sich an den meist ohnmächtigen Mädchen zu laben, ihren roten Lebenssaft meine von Jahrhunderten der Dürre trockene Kehle hinabfließen zu lassen und den Geschmack heißen Eisens auf der Zunge zu brennen zu lassen. Aber die Königin meinte es zu gut mit mir, und während das Biest mein Fleisch von innen mit Klauen bearbeitete, schlug mir eine andere, neuerlich verstärkte Schwäche geradewegs ins Gesicht: all diese lieblichen Opfer waren von bezaubernder Schönheit, unbegreiflicher Faszination und herzzerreißender Unschuld. Diesen Anblick zu beflecken wäre eine weit größere Sünde gewesen als all das, was ich bislang verbrochen hatte, doch das Tier wollte davon nichts wissen. Wie konnte sie nur so grausam zu mir sein? Was hatte ich ihr angetan? Und so zerriß die Begierde meinen Verstand, während ich nur tatenlos zusehen konnte, gefesselt von der unwirklichen Schönheit meiner unerreichbaren Erlösung.

Notwendiges Übel hatte sie es hinterher mit einer Selbstverständlichkeit genannt als müsste jedes Kind dies auf Anhieb verstehen, ohne auch nur einen Hauch von Zweifel an ihren Methoden erkennen zu können. Und wie ich sie geliebt habe für ihre unglaubliche Stärke, ihre Fürsorge, die Zuversichtlichkeit, mit der sie die Kunst in mir sah. Ich hätte alles für sie getan, doch eines war mir unmöglich: meine Sterblichkeit zurückzuerlangen. Ich war die Ausgeburt Gottes dunkler Tagträume, ein Monster im goldenen Vlies, neugeboren um gehuldigt zu werden, geschaffen um zu Verzehren. Wie konnte sie nur erwarten, ich würde meine Menschlichkeit wiedererlangen, nach allem was vorgefallen war? Ich konnte wohl so tun als fühle ich das Elend dieser Welt und hörte auf mein Gewissen, doch tief in mir wußte ich, dass ich mich nicht würde selbst betrügen können.

Nach Elviras Umarmung zogen wir nach Paris und die folgenden Jahre diente ich ihr als Laufbursche und Liebhaber gleichermaßen. Sie setze viel Vertrauen in mich, war sich meiner Wandlung sicher und betraute mich schließlich mit Aufträgen, die ihre Stellung unter den Kainiten festigen sollte. Ich genoß derweil meine Wirkung auf die schöne, sterbliche Beute der Metropole und fand neue Begierden, denen es zu fröhnen galt. Ein verstecktes Bordell wurde zu meinem Haven in Paris. Dort, umgeben von allerlei bezaubernden und exotischen Wesen, wob ich meine Fäden zu den menschlichen Herrschern der Stadt und des Klerus. Sie alle hatten ihre Laster und begannen ihre Sünden, wenn sie glaubten die Dunkelheit der Nacht würde ihre Vergehen vor Gottes Augen verbergen. Und ich gab ihnen aus meiner Herde, was sie so begierig suchten. Zur gleichen Zeit lehrte mich ein ehemaliger Seneschall Harold Godwinsons die Kunst des Tätowierens und so zeichnete ich bald meine Visionen nicht mehr nur auf Leinwand, sondern auch unter menschliche Haut, ganz zum Entzücken Elviras.

Vor nicht allzu langer Zeit dann gab man mir den Auftrag nach Prag zu reisen, um eine wichtige Botschaft dem dortigen Prinzen zu übermitteln. Dies war der Beginn meines unaufhörlichen Falls. Zu erst verlor ich Elviras Gunst, als sie von meinen sündigen Machenschaften in Paris erfuhr. Sie war außer sich, wie ich es wagen konnte trotz ihre Güte und unaufhörlichen Belehrungen mich dermaßen weit vom Pfad der Menschlichkeit zu entfernen. Es war in meiner Abwesenheit zu unschönen Vorfällen bei den verderbten Spielen meiner machthungrigen Klientel gekommen, wobei das Blut einiger Unschuldiger vergossen worden war. Doch dies war nicht meine Schuld gewesen und in einem Anfall hitziger Überheblichkeit gab ich dem Tier in mir nach und sprach mich von Elviras Lehren los, um mich als dann offen als Sünder zu bekennen und die Heuchelei auf dem Via Humanitatis anzuprangern. Ich konnte nicht ahnen, dass mein unüberlegtes Handeln als gleich von düsteren Kreisen als Einladung betrachtet wurde, und so geriet ich abermals in den Würgegriff der Schlange.

Noch bevor ich Prag erreicht hatte, trat ein Setite mit dem Namen Ladhidh mit mir in Kontakt. Zuerst durch undurchsichtige Mittler, die (wie mir nun im Nachhinein bewußt wird) mich weiter in die Dunkelheit zu treiben trachteten, in dem sie mich durch geschichte Provokation dazu veranlassten die Via Peccati im offenen Disput zu verteidigen. Dermaßen von meinen eigenen Behauptungen und Lügen gefangen, war es Ladhidh ein leichtes mich erneut zum Rausch zu verführen, auch wenn die Droge diesmal eine andere war. Weder die Königin noch ich ahnten damals, dass ihr Blut auf mich nicht die bindende Wirkung hatte, die so gerne als Versicherung unter den Kainiten benutzt wird. Und so gelang es Ladhidh mich im in meiner geistigen Umnachtung mit zwiegespaltener Zunge von meinen alten Banden abzubringen und einen großen Fehler zu begehen, den ich heute gerne ungeschehen machen würde. Am Hof des Prinzen angelangt waren es nicht die Worte aus Paris, sondern vielmehr die der Schlange, welche ich als diejenigen übermittelte. Und so nahm das Intrigenspiel seinen Lauf und der Aufschrei ob des Verrats war groß im Westen. Von einer plötzlichen Furcht getrieben floh ich in Richtung Konstantinopel, in der Hoffnung dort Zuflucht weit ab Evliras Einfluss zu finden. Doch bereits wenige Nächte darauf sollte sich das Rad des Schicksals erneut für mich drehen.

Bereits vor Konstantinopel war abzusehen, dass die verwüstete Stadt keine Rettung für mich bot und so verbarg ich mich in der Nähe, um mein weiteres Vorgehen zu überdenken. Dort geschah es dann, dass ich während meines Schlummers von wilden Träumen geplagt wurde. Dies war nichts neues für, hatte ich doch bereits sei meiner anfänglichen Läuterung durch Elvira in unregelmäßigen Abständen Stimmen aus einer anderen Welt vernommen und war teils in metaphorische Zwiegespräche verwickelt worden. Diesmal allerdings waren die Zeichen eindeutig, sie sprachen von meinem endgültigem Tod, sollte ich nicht umgehend auf mein Blut hören und tun, was mir vorbestimmt war. Und um die Warnung eindringlich zu unterstreichen (was mir bis zu diesem Tage noch einen Schauer über den Rücken jagd, wenn ich daran zurückdenke), erwachte ich an jenem Abend mit einem Schwert auf meiner Brust. Und vom anderen Ende der Waffe funkelten mir die fanatischen Augen eines Kreuzritters entgegen, gewillt mir hier und jetzt ein für alle mal den Gar aus zu machen. Erst später fiel mir auf, dass meinem Inquisitor die Dreifaltigkeit förmlich aus dem Blick zu lesen war. Es ist wohl nur meiner charismatischen Ausstrahlung und der Tatsache, dass mein Gemüt von meinem Verrat auf ehrlichste Weise aufgewühlt und ich ob meiner Gedanken in große Wirrnis gestürzt war, zu verdanken, dass dieser Salubri es aus welchen Gründen auch immer für rechtens befand, mir eine zweite Chance einzuräumen.

Und so lernte ich Gregor von Österreich kennen. Noch in dieser Nacht gelobte ich fortan der Via Regalis zu folgen, auf dass mein Wort nie mehr nur leere Versprechung sei. Nachdem Gregor auf dem Rückweg aus dem heiligen Land war, beschlossen wir gemeinsam zu reisen bis sich unsere Wege von selbst trennen würden. Zu diesem Zeitpunkt war mir bereits bewußt, dass Ladhidh nicht fern war und ein Wiedersehen unausweichlich sein würde. Und so kam es dann auch, dass die Schlange mich in Varna erneut aufsuchte, um mich abermals in ihre Machenschaften zu verwickeln. Letztlich habe ich es wohl einer glücklichen Fügung des Schicksals zu verdanken, dass keiner meiner beiden untoten Begleiter etwas voneinander erfahren hatten und so gelang es mir kurz nach unserer Ankunft, Gregor mit Unschuldsmine von der Existenz des Setiten zu berichten, ohne meine näheren Verstrickungen mit diesem zu offenbaren. Angetrieben von seiner fanatischen Mission die Diener des Bösen vom Antlitz der Erde zu tilgen, gelang es Gregor dem Unleben des Setiten in seiner Schalfstatt ein Ende zu bereiten und damit gleichermaßen empfindliches Wissen über meine Vergangenheit zu vernichten.

Scheinbar habe ich länger mit meinen Aufzeichnungen gebraucht als ich dachte. Ich höre die Glocken der Kathedrale das Ende der Laudes verkünden, ein Zeichen dafür, dass Gregor jeden Moment zurück sein wird. Ich will hier alsweil enden und zu gegebener Zeit mit meinem Bericht fortfahren. Bis dahin sollte ich ein gutes Versteck hierfür finden, andernfalls fürchte ich, könnte man (allen voran Gregor) meinen Worten trotz meines ehrlichen Bemühens der Straße des Königs zu folgen keinen Glauben schenken, wenn ich beteuere, dass ich keine andere Wahl in Varna hatte als zu einer Notlüge zu greifen...




Hinweis

Ich habe mir erlaubt die Universität von Mailand nach Bologna zu verlegen, denn die Mailänder gab es zu dieser Zeit noch gar nicht. Bedauerlicherweise haben zur damaligen Zeit alle Universitäten (soviele waren das nicht) hauptsächlich Rechtswissenschaften gelehrt, die Artes Liberales kamen erst nach 1300 auf. Allerdings liefert das nur noch mehr Motivation, warum sich Dominique lieber dem Drogenrausch als dem trockenen Kirchenrecht hingegeben hat...

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